Erneut geraten die beiden großen privaten Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 in die Kritik der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Anlass sind die Pläne von RTL und ProSiebenSat.1, die ihre hochaufösenden Programme in den nächsten Wochen oder Monaten ins Kabelnetz bringen möchten. Während die seit kurzem im Regelbetrieb ausgestrahlten HD-Sender der Öffentlich-Rechtlichen, Das Erste HD und ZDF HD, grundsätzlich unverschlüsselt mit jedem HD-Kabelreceiver zu empfangen sind, werden die scharfen Pendants von RTL, Sat.1, ProSieben, Vox und kabel eins verschlüsselt ausgesendet.
Vermutlich – so die Verbraucherschützer – würde dann der anlässlich der olympischen Winterspiele angeschaffte HD-Receiver hierfür nicht mehr nutzbar sein und der Verbraucher sei zwangsläufig auf ein neues Gerät oder eine Aufrüstung seines alten HD-Receivers angewiesen, sofern dieses Gerät für eine Aufrüstung für HD+ geeignet ist.
Weiterhin sei wahrscheinlich, dass RTL und ProSiebenSat.1 bei einer Verbreitung im Kabel die gleichen Restriktionen sicherstellen wollen, die sie schon bei der Verbreitung über die Satelliten-Plattform HD+ durchgesetzt haben: „Die großen Privatsender wollen den Einstieg in die HD-Verbreitung nutzen, den heimischen Umgang mit ihren Sendungen zu kontrollieren. Bei der HD-Verbreitung über Satellit beispielsweise lassen RTL und Co. zwar eine Aufzeichnung per Festplattenrekorder zu, blockieren aber durch entsprechende Signale den schnellen Vorlauf, um somit ein Überspringen von Werbeblöcken zu verhindern.“
Darüberhinaus ist bereits aus früheren Berichten und Kritiken zu HD+ bekannt, dass es den Fernsehsendern grundsätzlich möglich sein wird, eine Aufzeichnung einer Sendung zu unterbinden oder die Wiedergabe nur für einen begrenzten Zeitraum zu erlauben.
Die Kontrolle über die aufgenommenen Sendungen liegt dann bei den Fernsehsendern und nicht mehr beim Zuschauer.
Aus diesen Gründen lehnt die Verbraucherzentrale NRW „diese Eingriffe der werbefinanzierten Privatsender bei der privaten Programmaufzeichnung grundsätzlich ab. Darüber hinaus fordert sie ein Ende der Verschlüsselung von werbefinanzierten Vollprogrammen, unabhängig vom Verbreitungsweg und unabhängig davon, ob die Verbreitung in Standardqualität SDTV oder hochauflösend in HDTV erfolgt.“
Den konsequenteren Weg gehen die Schweizer: So möchte das Schweizer Ministerium für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) das Recht auf freie Receiverwahl beim digitalen Fernsehempfang gesetzlich verankern lassen. Mit dem Gesetz soll sichergestellt werden, dass TV-Zuschauer einen frei im Handel angebotenen Receiver benutzen können und nicht auf die Geräte der TV-Anbieter, also proprietäre Technologien, angewiesen sind. Damit will man auch das deutsche Szenario verhindern, dass beispielsweise für Sky und HD+ unterschiedliche Empfangsgeräte benötigt werden.
Das geplante Gesetz geht aber noch weiter. Falls Anbieter von digitalem Fernsehen nicht auf eine Verschlüsselung verzichten, sollen sie verpflichtet werden, mindestens 50 Fernsehprogramme anzubieten, die auch mit frei erhältlichen Receivern empfangbar sind.
Noch ist dieses Gesetz noch nicht in Kraft und es bleibt fraglich, ob es in dieser Form verabschiedet wird. Für die Interessen der Verbraucher wäre es sicher ein richtungsweisender Weg.
Die Pressemeldung der Verbraucherzentrale NRW kann unter www.vz-nrw.de im Beitrag ‚Zwickmühle für Kabelkunden: Freude über Winter-Olympiade in scharfen HD-Bildern könnte bald getrübt werden‚ nachgelesen werden.